Zitronen © moonrun - Fotolia.com

Die Wunderbeere, auch Mirakelfrucht genannt, stammt ursprünglich aus Westafrika. Sie wächst extrem langsam, kann aber unter optimalen Bedingungen zu einem vier Meter hohen Strauch heranwachsen. Zweimal im Jahr, jeweils zur Regenzeit, trägt sie nach einer weißen Blütenpracht rote, etwa kirschgroße Beeren. Und diese Beeren sind etwas Besonderes.

Sie haben keinen besonderen Eigengeschmack, sorgen aber für eine Veränderung der Geschmacksnerven derer, die sie zu sich nehmen. Denn das enthaltene Miraculin, ein bestimmtes Eiweiß, polt unsere Geschmacksempfindungen um. Saures schmeckt auf einmal zuckersüß, Scharfes lässt sich ohne Tränen genießen und eingelegte Gurken schmecken wie Honig. Selbst Bier schmeckt süß, weshalb man dieses im Anschluss besser nicht zu sich nehmen sollte. Der Wirkstoff selber ist in vielen Länder nicht als Lebensmittel zugelassen, weshalb die Pflanze oft nur als Pflanze verkauft werden darf, nicht aber die Beeren. Es gibt auch bisher nur ein Unternehmen in Kalifornien, USA, welches die Beeren zu gewerblichen Zwecken in großem Stil anbaut und vertreibt. Aber man kann in den USA den Wirkstoff in Tablettenform bestellen, was angeblich für einen neuen Party-Trend sorgt und Diabetikern neue Hoffnung im Kampf gegen den Zucker geben soll. Schließlich muss man keinen Zucker mehr zu sich nehmen, wenn Lebensmittel ohne Zucker auf einmal zuckersüß schmecken.

Ureinwohner nutzen Beeren seit Jahrhunderten

Man kann davon ausgehen, dass die Beeren oder ihr Wirkstoff keinerlei Nebenwirkungen aufweisen. Denn die Ureinwohner der afrikanischen Stämme nehmen diese Beeren seit Jahrhunderten vor ihren Mahlzeiten zu sich, damit das oft kärgliche Mahl besser schmeckt. Nachdem die Beere von westlichen Forschern entdeckt wurde, blieb sie trotz ihrer verblüffenden Wirkung weitgehend unbekannt. Sie gedeiht auch nur unter optimalen Bedingungen, denn sie braucht es warm – selbst im Winter mindestens bei 15 Grad – und feucht. Und natürlich bekommt man sie nicht einfach so im Blumengeschäft, geschweige denn im Baumarkt. Nur spezialisierte Händler bieten im Internet mehrjährige Pflanzen an. Wer an die Beeren herankommt, kann auch auf diese Weise seine eigene Wunderbeere heranziehen. Aber aufgrund ihres langsamen Wachstums dauert es ein paar Jahre, bis sie überhaupt das erste Mal Früchte trägt. Man braucht also viel Geduld.

Touristen werden in den Gegenden, in denen diese hohen, alten Sträucher zu finden sind, häufig zum Narren gehalten. Erst lässt man sie die Beeren kosten, als standorttypische Spezialität. Anschließend zeigt man ihnen einen gewöhnlichen Zitronenbaum (oder nur die Früchte selbst), von dem behauptet wird, er würde eine besondere Art von Zitronen tragen, nämlich süße Früchte. Dazu zählen auch Aprikosen, die jedoch unangenheme und große Aprikosenkerne beinhalten. Und wenn die Touristen dann tatsächlich von den Zitronen kosten, schmecken sie zuckersüß. Anschließend klärt man sie aber auch über den Trick auf. Tatsächlich soll es laut Aussagen diverser Probanden ein ganz besonderes Geschmackserlebnis sein, den echt fruchtigen Zitronengeschmack zu erleben, ganz ohne die Säure. Also keinesfalls vergleichbar mit künstlichen Zitronenbonbons.

Wunderbeere im Wintergarten oder auf der Fensterbank

Die Wunderbeere, mit botanischen Namen auch als Synsepalum dulcificum bekannt, braucht es warm und feucht, im Sommer am Besten im Halbschatten. Standortnässe verzeiht sie allerdings nicht. Ab und zu ist eine Gabe von normalem Zitrusdünger notwendig. Normalerweise bildet die Pflanze zweimal im Jahr weiße Blüten und anschließend auch die roten Beeren aus, im Winter verfällt sie allerdings in so etwas ähnliches wie Winterruhe. Dann wächst sie erstmal nicht weiter. Da sie sowieso sehr, sehr langsam wächst, ist hier viel Geduld angebracht. Und man sollte sich, sofern man ein Exemplar ein eigen nennen möchte, im Internet nach bereits mehrjährigen Pflanzen umsehen. Damit erspart man sich die Jahre des Heranwachsens ohne Blüten und ohne Früchte, denn die Wunderbeere trägt das erste Mal in einem Alter von drei bis vier Jahren ihre Blüten und Beeren. Braucht sie mal einen größeren Topf, darf sie nur in saure Erde, beispielsweise Rhododendronerde gepflanzt werden.

Bei dem Miraculin handelt es sich übrigens um ein hitzeempfindliches Glycoprotein. Sein Effekt lässt normalerweise nach einer Stunde wieder nach, kann aber im Einzelfall auch mal etwas länger anhalten. In der EU sind weder die Wunderbeere, noch ihr Inhaltsstoff als Nahrungsmittel zugelassen. Deshalb stellt dieser Text auch nur die herkömmliche Verwendung in anderen Ländern dar und beschränkt sich ansonsten auf Hinweise zur Aufzucht der eigentlichen Pflanze. Abgesehen davon, dass bisher keine Nebenwirkungen bekannt sind, hat ja aber der Geschmackssinn durchaus seinen Sinn und Zweck. Also man sollte es unter Einfluss des Miraculin nicht mit saurem oder scharfem Essen übertreiben, sonst nimmt es einem eventuell der Magen übel.