Eisenhüttenstadt (dpa) – «Die sehen doch so niedlich aus, wenn sie im Blumenbeet stehen.» Sabine Krüger aus Eisenhüttenstadt mag Gartenzwerge – nicht nur ihre eigenen. Sie verpasst vielen dieser kleinen Gesellen einen frischen Look.

«Wenn die bei Wind und Wetter draußen stehen, schwindet die Farbe oder blättert ab, der kleine Kerl bekommt Risse oder Löcher», sagt die Eisenhüttenstädterin. Die 49 jahre alte gelernte Drogistin nennt sich «Zwergendoktorin» – und kümmert sich um die verwitterten Zipfelmützenträger von Freunden und Bekannten. Jetzt im Frühjahr hat sie besonders viel zu tun.

Als ihre Familie 1998 einen alten Garten am Oder-Spree-Kanal übernahm, «erbte» sie auch die dort stehenden zwölf Gartenzwerge. «Die sahen nicht mehr schön aus – sie waren verdreckt und hatten kaum noch Farbe», erinnert sich Krüger. Mit Schleifpapier, Modelliermasse und deckender Acrylfarbe machte sie sich an die Schönheitskur – bis die Wichte wieder aussahen wie neu.

In den Boden ihrer Wichtel eingraviert war der Name Gräfenroda. Die thüringische Gartenzwergmanufaktur der Familie Griebel gilt als «Wiege der Gartenzwerge». «Mein Urgroßvater hat die Männchen mit den roten Zipfelmützen aus Ton geformt sowie im Ofen gebrannt und per Hand bemalt. So machen wir es noch heute», erzählt Reinhard Griebel stolz. Er führt den Familienbetrieb und ein Gartenzwergmuseum in vierter Generation.

Gartenzwerge, die ursprünglich mittelalterlichen, häufig kleinwüchsigen Bergleuten nachempfunden wurden, sind Geschmackssache. «Der eine wirft sie auf den Müll, der andere bezahlt viel Geld dafür», sagt Griebel. Er sei seit 26 Jahren froh und glücklich mit seinen handgefertigten, friedfertigen Wichteln, die je nach Ausfertigung schon einmal 360 Euro pro Stück kosten können. «Die stehen dann aber nicht bei Wind und Wetter im Garten, sondern geschützt auf einem Ehrenplatz.»

Die «Behandlung» von Zwergen bis zu 30 Zentimetern kostet bei Sabine Krüger 5,50 Euro, die «Frischzellenkur» von über einem Meter großen Exemplaren 30 Euro. Das Geld fließt in die Kasse des Vereins Lesezeichen. Er unterhält im Eisenhüttenstädter Ortsteil Fürstenberg einen Buch-Tausch-Laden. Eine Ecke ist für die Reparatur von Gartenzwergen vorgesehen.

Ob aus Ton, Keramik, Kunststoff oder Hartgummi: Bei allen verwitterten Zwergen helfen Schleifpapier, Spachtel, Modelliermasse, Pinsel und Acrylfarbe – und zum Abschluss farbloser Lack. «Bisher habe ich immer helfen können, auch wenn es manchmal eine ziemliche Puzzelei mit einzelnen Scherben war», sagt Krüger. Sind die ursprünglichen Farben gar nicht mehr zu erkennen, so schaut sie in ihr Gartenzwerg-Lexikon, das sie sich extra für diesen Zweck zugelegt hat.

Ihr Mann hilft ihr beim Schleifen der Zwerge. Das Reinigen und Beseitigen sämtlicher loser Teile an der Figur sei meistens das Aufwendigste, schildert Krüger. «Vor allem die Bartzwischenräume sind manchmal knifflig.» So sei es auch nicht verwunderlich, dass sie für das Aufhübschen einer Figur mehrere Stunden brauche.

«Von den Gartenzwergen, die ich bisher kennengelernt habe, sah keiner aus, wie der andere. Es gibt da so eine große Vielfalt, auch bei den Gesichtsausdrücken – vom verschmitzten Schmunzeln bis zum frechen Lachen», gerät Krüger ins Schwärmen. Eine Zwergen-Sammelleidenschaft ist bei ihr jedoch nicht ausgebrochen, wie sie versichert. «Ich habe die zwölf vererbten Exemplare im Garten und das reicht», sagt die 49-Jährige – und ahnt, dass ihr Mann ansonsten wohl Ärger machen würde.

Geschichte der Gartenzwerge
Barocke Gartenzwerge aus Marmor, späterauch aus Sandstein, waren im 17. und 18. Jahrhundert vor allem inherrschaftlichen Gärten verbreitet. Auch namhaftePorzellanmanufakturen widmeten sich im Auftrag des Adels diesenFiguren. Die ältesten bekannten Gartenzwerge befinden sich imZwergelgarten des Salzburger Schlosses Mirabell. Sie stammen aus demspäten 17. Jahrhundert.

Auf der Leipziger Messe von 1884 stellte eine Terrakotta-Firma ausGräfenroda (Thüringen) erstmals Gartenzwerge für jedermann vor. DieFabrik von Philipp Griebel und August Heissner gilt seither als«Wiege der Gartenzwerge». Weißbärtige Männchen mit roten Zipfelmützenwerden dort in 4. Generation noch immer handgefertigt.

Klassische Gartenzwerge sind kleinwüchsigen Bergleuten aus demMittelalter nachempfunden. Gerätschaften wie Schaufeln, Hacken,Schubkarren und Laternen, die die Wichtel tragen, zeugen davon.Bartwuchs, Männlichkeit und das Tragen einer Zipfelmütze sind lautder 1980 in Basel gegründeten Internationalen Vereinigung zum Schutzder Gartenzwerge unabdingbar. In den 1990-er Jahren erlebtenGartenzwerge durch neue, moderne Modelle eine Art «Wiedergeburt».

Fotocredits: Patrick Pleul

(dpa)